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Manfred Ende
Die Kicker von Lindchendorf


Taschenbuch November 2016
168 Seiten | ca. 14,8 x 21,0 cm
ISBN: 978-3-96014-196-9
ISBN (E-Book): 978-3-96014-597-4



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Humorvoll schreibt Manfred Ende, ehemaliger Hörspielautor, über seine Kindheit 1949 in einem kleinen Dorf der damaligen »Ostzone«. Geprägt von Kriegsjahren, führen Kinder zweier benachbarter Dörfer mit Holzschwertern und Schutzschildern aus Kuchenblechen einen Krieg gegeneinander, ehe sie ihre Leidenschaft für das Fußballspielen entdecken, sich zu einer Kicker-Mannschaft entwickeln. Armut ist allgegenwärtig und der Hunger ein täglicher Begleiter. Für den elfjährigen Walter, mit der Mutter aus Schlesien vertrieben, ist die Zeit in der neuen Heimat auch eine Zeit des Wandels, in der Fantasie, Einfallsreichtum und Erfindungsgabe zum Alltag gehören. Die Begegnung mit dem Zopfmädchen; Ein Fräulein als Direktorin und Pionierleiterin in einer Person; Weiße Mäuse, die zum Landfilm des Kintopp-Fritzen gehören; und vieles mehr lesen sie in diesem unterhaltsamen Buch des im Land Brandenburg beheimateten Autors.
Bernd war eines Tages der Meinung, dass auch wir ein gutes Geschäft machen könnten. Wir müssten nur etwas finden, das sich gut verkaufen ließe.
»Du spinnst, was können WIR schon verkaufen?«
Aber Bernd ließ nicht locker, er machte uns klar, wie sehr die Großstädter
hungern würden, dass sie kein Gemüse, kein Obst und keine Kartoffeln anbauen könnten - und auch kein Schwein füttern.
Wir wurden nachdenklich, was er sagte, war nicht von der Hand zu weisen, zumal er ein Rechengenie war.
»An was haste gedacht? Die geklauten Kartoffeln können wir nicht verkaufen, die brauchen wir für Sattler Kunz, damit er uns die Pantinen repariert.«
Bernd grinste, er stand wieder breitbeinig vor uns. »Ist euch denn entgangen, dass die Berliner jede Woche in unser Lindchendorf kommen, um ihren Hausrat gegen Essbares einzutauschen oder zu verkaufen? Schmuck, Fahrräder, Klamotten, Silberbestecke und Bettwäsche, - ist euch das nie aufgefallen?«
Es war uns schon aufgefallen, aber dass sie, wie Bernd schilderte, verhungern würden, war neu für uns, - da sollten wir eingreifen.
»Aber WAS sollen wir verkaufen?«
Bernds Idee schien ausgereift, ohne zu zögern, wies er auf die Obst-Alleen.
»Pflücken, eintüten und für einen guten Preis an den Mann bringen!«
In diesen Augenblicken bewunderten wir Bernd, dem die Gabe eines Geschäftsmannes mit in die Wiege gelegt worden war.
»Den Gewinn teilen wir durch vier, das heißt, für mich vierzig Prozent, - ist ja auch meine Idee.«
Das fanden wir, ohne der Sache rechnerisch auf den Grund zu gehen, in Ordnung. Immerhin hatte er die Kopfarbeit zu leisten, musste Preise kalkulieren und in komplizierte Prozente umrechnen.
»Lass dir die Idee patenten!«, riet ihm Frank.
»Patentieren!«, verbesserte Bernd.
»An wie viel hast du gedacht?«
Bernd tat wichtig, murmelte unverständliche Zahlen, dann zog er, offenbar nicht unvorbereitet, ein Blatt Papier aus der Hosentasche und begann, eine ordentliche Preisliste zu entwerfen.
»Also, für eine Tüte Kirschen nehmen wir zehn und für eine Tüte Pflaumen fünfzehn Mark, das ist ein fairer Preis, denke ich.«
»Aber die Hundepflaumen sind madig«, gab ich zu bedenken.
»Siehst du die von außen?«
»Nee!«
»Na also. Außerdem machen wir die Tüten zu, nur ein kurzer Blick und so...«
Das überzeugte, wir erklärten uns einverstanden. Wir stellten die Pflaumentüten an den Straßenrand und warteten auf die ausgehungerten Berliner.
Sie kamen bald in kleinen Grüppchen vom Kleinbahnhof hergelaufen.
»Obst vom Lande! - Pflaumen im Angebot! - Ganz frisch vom Lande!« schrie Ticke aus Leibeskräften den Städtern zu.
»Elfriede, guck doch ma, wat die haben, det is wat für unsern Kuchen! Bengel, mach ma die Tüte uff!«
Der Berliner, mit Hornbrille und fortschreitenden Geheimratsecken, langte hinein, ergriff mit Daumen und Zeigefinger eine überreife Pflaume – und schrie, als hätte ihn eine Wespe gestochen.
Ich sah, wie ihm eine fette Made ohne Eile über den Zeigefinger kroch.
»Det kann ja woll nich wahr sin!«, schrie der Mann und holte zur Backpfeife aus.
Ticke duckte sich, es gelang ihm, zu entkommen. Wir warfen Tüten samt Pflaumen und Maden in den Graben und rannten ins Kornfeld.
Derweil hatte sich Bernd abseits gehalten, Nun grübelte er, offenbar war ihm ein Rechenfehler unterlaufen.
Wir aber waren uns einig, dass dem Bernd ein »Schinkenkloppen« zu hundert Prozent sicher war. Soviel verstanden auch wir von Prozentrechnung.
Die »Geschäfte« waren uns vorerst vergangen. Doch wer wusste schon, ob nicht der ein oder andere als Erwachsener die Geschäfte wieder aufgreifen würde, es mussten ja nicht madige Pflaumen sein.
Die besseren Geschäfte mit den Großstädtern soll Klob gemacht haben. In seinem Kuhstall, hieß es, würde bereits ein silberner Kronleuchter hängen, der seine Kühe zur doppelten Milchabgabe anregen würde.
Leider konnte ich es nicht mehr kontrollieren, mein »Buden-Feuer« verwehrte mir den Zutritt zum Kuhstall.

Der erste Schultag nach den Sommerferien begann mit einem Fahnenappell und der Aufforderung, bereit zu sein.
»Immer bereit!«
Wir standen in Reih und Glied und hielten die flache, rechte Hand so über dem Kopf, dass der Daumen zur Nase und der kleine Finger zum Himmel zeigte. Wozu wir bereit sein sollten, wussten wir nicht so recht.
»Zum Fußball kicken«, murmelte Frank.
Während der Himmel uns Schnürlregen bescherte, hissten wir die Pionierfahne mit dem flammenden Emblem.
»Immer lebe die Sonne...«, sangen wir, während sich Fräulein Kleinschmidt das Gesangsbuch über den Kopf hielt , um die Frisur zu schonen.
Das ermutigte unsere Mädchen, es ihr gleichzutun, sie benutzten dazu ihr blaues Halstuch, ihre Frisuren waren nicht weniger anspruchsvoll.
Die Kleinschmidt bemerkte es nicht, zu sehr war sie um ihren eigenen Haarschmuck besorgt.
Ein Mädchen mühte sich vergeblich, ihre Zöpfe unters Tuch zu zwängen, - maisgelbe Zöpfe.
Ich fuhr zusammen. War das nicht...? Sie war es tatsächlich, das Mädchen aus dem Krämer-Wald. Sie stand in der ersten Reihe, zusammen mit den anderen, als würde sie schon immer dazugehören....

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