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Hannes Lange
Wie wir Ephraim Kishon retteten
Humoresken und Satiren über Kinder, Enkel und andere liebenswerte VIP's

Taschenbuch Oktober 2014
314 Seiten | ca. 12,0 x 18,5 cm
ISBN: 978-3-86468-800-3


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Habt Ihr einen eigenen Dachboden? Ja? Dann wird es langsam Zeit, diesen wieder ein-mal zu entrümpeln. Ihr werdet erstaunt sein, was für längst verschollene Dinge und damit auch fast vergessene Geschichten dort zu finden sind. Wenn Euch dann noch Eure Enkel beim Aussortieren helfen, wird es für alle Beteiligten ein unvergessliches Er-lebnis. Begebt Euch deshalb mit mir auf eine Reise ins Reich der heiteren Schwin-deleien, der kuriosen Unzulänglichkeiten, der dümmlichen Arroganz und peinlichen Selbstherrlichkeit, aber auch der (liebenswerten) eigenen Fehler. Da macht es nämlich nichts, wenn die Enkel plötzlich sagen: „Opa, das letzte Mal hast du die Geschichte uns aber ganz anders erzählt.“ Wichtig ist, dass alle lachen können. Denn sogar die (leicht) kritischen Gedanken zu heutigen Möglich- und Unmöglichkeiten werden eben stets mit Augenzwinkern erzählt.
Aber Achtung – Lesen gefährdet die Langeweile!
Kunst ist, wenn man trotzdem …

„Langsam langsam, Marcel, nicht so stürmisch, schließlich wollen wir ja nicht noch mehr Chaos schaffen. Außerdem wis-sen wir nicht, was in den Kartons verborgen ist, und wir wollen schließlich nichts kaputt machen.“
Gerade noch zur rechten Zeit kam mein Einwand, denn in dem alten Karton, den Marci gerade achtlos beiseite pfeffern wollte, scheinen sich schwerwiegende Dinge verborgen zu halten.
Und ich sollte mich nicht geirrt haben.
Also die verstaubte Pappkiste vorsichtig beiseite gestellt. Aber weder Marcel noch Stella scheinen sich für den Inhalt zu interessieren, vielmehr haben sie ein altes Bild hervorgezerrt, das leicht verdreckt dahinter steht.
Hier nun betritt die allgegenwärtige „Großmutter“ Martina die Bühne des Geschehens – und, wie kann es anders sein – ist ihr Statement komplett fraulicher Natur:
„Mooooooment, zuerst staube ich ab, sonst sehen wir ja gleich alle wie die Ferkel aus.“
Worauf Stella zum Gelächter aller ergänzt:
„Marci und ich wie die Ferkel, aber Oma und Opa wie die alten Schweine.“
So, jetzt haben wir gelacht und alles. Wobei, ganz Unrecht hat sie ja nicht. Mich ausgewachsenes Mannsbild als Ferkel zu bezeichnen klingt schon wirklich lustig.
Nun zurück zum Geschehen. Der Staub ist beseitigt – endlich erscheint das Bild in seiner ganzen Farbenpracht. Martina und ich sehen uns tief in die Augen, dann können wir unser Lachen nicht mehr unterdrücken.
Derweil staunen Stella und Marcel das Bild an. Schön – ja, das stimmt schon, aber irgendetwas scheint damit nicht zu stimmen, sieht auf jeden Fall ungewöhnlich aus.
Seid ihr jetzt genauso gespannt wie meine Enkel? Gut, dann will ich euch die ausführliche Geschichte dieses Kunstwerkes nicht vorenthalten …
Mein Vater war, wie ihr vielleicht wissen werdet, von Beruf Maler und Graphiker, Künstler also mit Leib und Seele. Wir wohnten damals noch in Meißen, in der Rauhentalstrasse 33.
Obwohl er auf dem Tonberg in der Bergholdt´schen Villa ein geräumiges Atelier besaß, hatte er sich unser ehemaliges Kin-derzimmer als kleines Malstübchen hergerichtet.
David, unser Sohn und Vater der beiden Enkel, mag damals etwa drei bis vier Jahre gewesen sein, also etwa 1984. Wenn sein Opa vor der Staffelei saß und malte, spielte der Junge mit seinen Matchbox-Autos und Bauklötzern auf dem Teppich. Das gelegentliche Aufheulen der Motoren störte den Künstler in keinster Weise, während David das „Klassik-Gedudel“ aus dem Radio einfach überhörte oder als unabänderlich ertrug.
So war die Symbiose von Kunst und Technik perfekt, beflü-gelte beide bei ihrer Tätigkeit, jedenfalls solange, bis Oma Ilse zum Mittagessen rief.
Die Autos steuerten schnell einen Parkplatz an, die Motoren wurden abgeschalten, im Gegenzug fanden Palette und Pinsel Ablage auf dem Beistelltisch.
Befriedigt schaute Opa Wilfried auf sein Werk, nach Künst-lermanier mit zusammengekniffenen Augen, nur noch ganz wenige Pinselstriche und das wichtige Signum, dann war das Bild vollendet. Nachmittags sollte es der Käufer, ein befreun-deter Arzt aus dem Meißner Krankenhaus, erstmals zu Gesicht bekommen. Ein Auftragswerk also!
„Na David, gefällt dir das Bild?“
Lange sieht der Knilch auf das Kunstwerk, dann sieht er seinen Großvater in die Augen und sagt entschieden:
„Ja, aber das ist so dunkel, Opa …“
„Du Dummerle, das ist doch eine Gewitterstimmung, da sieht der Himmel immer so aus. Siehst du, wie der Wind die Wellen peitscht und die Kiefern biegt?“
„Ja Opa, aber schöner ist es, wenn die Sonne scheint.“
Recht hat er schon, der kleine David. Das muss selbst der Künstler einsehen. Also beruhigt er seinen Enkel:
„Wenn der Sturm dann vorbei ist, scheint auch wieder die Sonne, fest versprochen. So, und jetzt wollen wir uns das Essen schmecken lassen. Oma wartet nämlich nicht gern. Machst du danach auch ein Mittagsschläfchen mit mir, David?“
Was für eine alberne Frage, mag der Junge gedacht haben – immer denken die Großen nur ans Pennen.
„Nein, ich möchte lieber weiterspielen, Opa.“
Bittend sieht David seinen Großvater an.
„Na gut, aber sei schön leise, ja?“
Lieber Vater – hättest du das doch niemals zugelassen. Dann wäre dir Arbeit, nicht enden wollende Neckereien und manig-faltiges hämisches Gelächter erspart geblieben.
Aber leider uns allen dann auch eine lustige Geschichte, oder?
Das wäre doch wirklich schade?

Das Essen war gut und reichlich, wie immer bei meiner Mutter. David, heute ja selbst ein gestandener Mann mit Familie und Haus, schwärmt immer noch von Omas Möhreneintopf.
Dann, als die hungrigen Bäuche gefüllt waren, kehrte Ruhe ein.
Die Großeltern hatten sich zu einem Mittagsschläfchen hinge-legt, nur David war munter. Und er nutzte diese Zeit der Ruhe zu einem wahren Geniestreich …
Nach der Mittagsruhe sollte der Käufer kommen, vorher gab es noch eine gute Tasse „echten Westkaffee“, das Lebenselixier meines Vaters (und unseres – bis zum heutigen Tag).
Es klingelte an der Wohnungstür.
Mit hochrotem Kopf vor Freude eilte mein Vater an die Tür.
Dr. M. Adam wollte erstmals sein Bild sehen, er war ein großer Kunstliebhaber. Glücklicherweise aber auch ein Mensch mit einem gesunden Humor.
Den sollten er und mein Vater nämlich gleich brauchen.
Inzwischen war Martina von ihren Besorgungen heimgekehrt und wollte gerade David abholen. So drängten also die beiden Kunstbesessenen und zwei neugierige Frauen ins Zimmer und erblickten – einer davon (mein Vater) mit Entsetzen …
Dr. M. Adam war der erste, der sein Lachen nicht mehr unter-drücken konnte. Mein Vater schaute völlig fassungslos von einem zum anderen, das Geschehene nicht begreifend.
Auch die Frauen lachten.
Zuerst nur verhalten und leise, dann immer schallender und lauter, gewissermaßen im Forte-Fortissimo des Lachorchesters.
Und David?
Der Knirps stand stolz dabei und wunderte sich erneut über die Erwachsenen, die er wohl nie richtig verstehen würde.
Das Bild zierte eine knallgelbe, übergroße Sonne, die über ihr ganzes Antlitz strahlte und ihre knallroten Lippen weit geöffnet hatte. Ihre blauen Augen schienen zu sagen:
„Nun schaut nicht so entgeistert, ihr Menschlein, freut euch mit mir, dass ich mit meinen wärmenden, dicken Strahlen das Gewitter verjagt habe und wieder scheine.“
Übrigens, Folgen hatte dieser künstlerische Erstversuch weder für das bestellte Bild noch für David.
Nur für den Künstler selbstredend.
Der malte ein neues Bild, der Arzt war zufrieden und kaufte es, David allerdings durfte nie wieder allein in Opas Atelier spielen. Das „Kunstwerk“ ist seither eine Zierde des Dachbodens.
Eigentlich schade darum.
Na, vielleicht gibt es in unserem Haus doch noch einen Ehrenplatz dafür, und wenn es im Gästezimmer ist …
Versteht ihr, warum?



Kunst ist, wenn man trotzdem …











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