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Hans Astor
Vogelfrei - Fluchtweg Camino


Taschenbuch Juli 2018
656 Seiten | ca. 12,0 x 19,0 cm
ISBN: 978-3-96014-479-3


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Einer Kaufmannsfamilie droht die Verhaftung und Hinrichtung durch die Inquisition. Über den Jakobsweg gelingt im letzten Moment die Flucht nach Südfrankreich.

Nicht nur Intrigen und Tragödien erschweren das Leben im Exil. Eine ungeklärte Mordtat sorgt zusätzlich für recht gefährliche Turbulenzen und hält die Protagonisten in Atem.

Alles scheint verloren, die Familie steht vor dem Nichts, nur das Nötigste ist geblieben. Trotz der schier aussichtslosen Situation wagt man einen neuen Anfang.
Aus Kapitel 13:
Bartolomé und Jean hatten sich im Nebengebäude des Châteaus ein stattliches Kontor eingerichtet.
Dank der gutgefüllten Panzertruhe aus dem Kontor in Astorga, die Christina aus der Heimat mitgebracht hatte, verfügte man nun über genügend Mittel, um zumindest die kommenden zwei Jahre ohne Mühe zu überstehen.

Die freundlichen Sommermonate erleichterten den beiden Familien den Neubeginn in Conques. Hier waren die Temperaturen zwar ebenfalls recht beachtlich, aber durchaus ein wenig erträglicher als in Astorga und der Maragateria.
Jeder vermisste die alte Heimat auf seine Weise, vor allen Dingen Christinas Söhne hatten ihre Schwierigkeiten, sich an die mitunter verschlossene Art der einheimischen Bevölkerung zu gewöhnen.
„Manchmal denke ich, diese verstockten Leute werden uns für immer fremd bleiben“, beklagte sich Bartolomé.
„Es hätte uns bestimmt schlimmer treffen können. Natürlich wird es seine Zeit dauern, bis man uns nicht mehr mit Argwohn beobachtet“, tröstete Elisabeth.
„Wenn wir erst einmal das Vertrauen dieser Leute gewonnen haben, wird das Eis schon brechen“, meinte Jean. „Wie würdest du einer fremden Familie gegenüberstehen, die einfach so daherkommt und sich in einem der schönsten Häuser der Stadt niederlässt?“
„Du brauchst Geduld, Bartolomé“, mahnte Christina. „Als ich damals von Oviedo nach Astorga gekommen bin, wurde ich zu Anfang auch mit Argwohn bedacht. Bereits ein Jahr später war das alles schon vergessen und ich fühlte mich in Astorga zu Hause.“
„Geht einfach auf die Leute zu, zeigt ihnen, dass sie keinen Grund haben, euch zu misstrauen. Angriff ist die beste Verteidigung“, riet ihm Jean. „Überzeuge vor allen Dingen die Gleichaltrigen davon, dass sie von dir keinerlei Nachteile zu erwarten haben.“
Obwohl Jean bereits die ersten Handelsverträge mit den Bürgern und Händlern von Conques zu Wege gebracht hatte, konnte er die Bedenken von Bartolomé verstehen. Dieser Menschenschlag war durchaus freundlich und hilfsbereit, aber nur dann, wenn man sich ehrlich bemühte und ihr Vertrauen gewonnen hatte.

Aus Kapitel 14:
An der Seite des Grafen Gilbert d\\\\\\\\\\\\\\\'Estaing persönlich führte Bartolomé am nächsten Tag einen Trupp von sechs berittenen Soldaten über den Waldweg von Port d\\\\\\\\\\\\\\\'Agrès zu dem Gehöft in Roux.
Die Männer waren über Le Fau in den Bergen gekommen, um die beiden Schurken nicht zu warnen.
Die Burgonethelme und der Metallbesatz der ledernen Brustcuirassen der Reiter glänzten in der Mittagssonne, als sie die breite große Lichtung von Roux erreichten.
D\\\\\\\\\\\\\\\'Estaing gab einen kurzen Befehl, die Soldaten zogen ihre Säbel blank und ritten nun in schnellem Galopp auf das Gehöft zu.
Bevor Philippe, der sein Mittagsschläfchen vor seiner erbärmlichen Hütte abhielt, begriffen hatte, was da geschah, wurde er schon von drei Berittenen in die Mitte genommen.
Seine Hand bewegte sich langsam hinab zu seinem Schächtermesser, welches an seiner Seite im Lederköcher baumelte.
Sofort kitzelten ihn die drei Säbel gleichzeitig am Hals.
„Nur zu, mein Freund, wir werden dein Gemütchen zu kühlen wissen“, munterte ihn der Hauptmann der gräflichen Garde auf.
Der Leimsieder Arnulf stand zu jenem Zeitpunkt an seinem Holzverschlag und machte Feuer unter dem großen eisernen Kessel, er wollte die nächste Fuhre Knochen zu Leim verarbeiten.
Als die Reiter blank gezogen hatten und in den Hof geprescht kamen, wusste er sofort, was die Stunde geschlagen hatte, denn dieser junge Herr in Begleitung der Soldaten war ihm nicht unbekannt.
Er ließ alles fallen, schnappte sich im Vorbeilaufen den Dreispieß und gab Fersengeld in Richtung des nahen Berghangs. Erreichte er die Baumgrenze, konnte er durch das unwegsame Gelände den berittenen Verfolgern entkommen, dachte er.
Der erste Reiter war nur noch wenige Fuß hinter ihm, er spürte bereits, wie der Boden erzitterte.
Arnulf blieb abrupt stehen, drehte sich um und jagte dem Soldaten, der mittlerweile auf Tuchfühlung aufgeschlossen hatte, seine Forke unterhalb der Brustcuirasse in den Leib.
Der Soldat fiel schwer verletzt vom Pferd, riss aber dabei die Forke mit zu Boden, somit stand Arnulf jetzt völlig unbewaffnet vor den beiden nächsten Reitern.
„Das ist schon dein Todesurteil!“, entschlossen hob einer der Reiter seinen Pallasch, um den Leimsieder ins Jenseits zu befördern.
„Arrêt, Marcel!“, befahl der Hauptmann, der sich der Szene näherte. „Das könnte diesem Dreckskerl so passen, legt ihn auf der Stelle in Ketten!“
Bartolomé, der Hauptmann und Graf Gilbert nahmen nun dieses obskure Gehöft in Augenschein.
Außer diesem Philippe und diesem Arnulf war scheinbar keine Menschenseele auf dem Anwesen anzutreffen. Der Graf ging zurück zu den Gefangenen, packte Philippe am Wams und zerrte ihn vom Boden: „Bursche, ich pflege immer nur einmal zu fragen, wo ist die Barschaft dieses Monsieurs deponiert?“
Keine Antwort!
Das Echo kam prompt, eine schallende Ohrfeige mit dem eisenbesetzten Lederhandschuh ließ die Ohrmuschel des Bauern auf der Stelle rot aufglühen.
„Ich weiß von nichts, Monsieur! Barschaft? Was wollt Ihr eigentlich von mir?“, verteidigte sich Philippe zitternd und stotternd.
„Wir finden, was wir suchen. Entweder lasse ich hier jeden Stein umdrehen, dann erkennst du deinen dreckigen Hof nicht mehr wieder, oder noch besser: Ich lasse euch solange das Wasser aus dem Lot saufen, bis man mir endlich mit der Wahrheit herüber kommt“, drohte d\\\\\\\\\\\\\\\'Estaing. „Wer von euch will zuerst in den Fluss, du oder du?“
Arnulf, der trutzige Kleiderschrank, bekam angesichts der Folterdrohung weiche Knie: „Er war es alleine, ich habe nichts Schlimmes verbrochen!“
„Dazu kommen wir später! Ich frage noch einmal, wo ist die Barschaft dieses Herrn deponiert? Antwortet einfach, denn gleich wird es nass in euren Kehlen!“
Philippe erkannte die ausweglose Lage und gab nach: „Ich zeige Euch wo, nehmt mir die Ketten ab.“
„Das könnte dir so passen“, lachte d\\\\\\\\\\\\\\\'Estaing. „Sag´ es einfach, sag´ es frei heraus, du Galgenstrick, wo müssen wir nachsehen?“
Er zeigte mit gebundenen Händen auf den Brunnen, der Hauptmann zerrte ihn in die Höhe und schleifte ihn hinüber an die Brunneneinfassung.
„Und jetzt?“
Mit seinem Fuß trat er gegen einen der Mauersteine, am unteren Sockel der Einfassung.
„Da drinnen.“
Der Soldat fummelte ein wenig an dem Stück Bruchschiefer herum und löste es aus der Mauer.
Nachdem er mit der Hand in einen Hohlraum tastete, entglitt ihm ein Pfiff des Erstaunens, gleich drei Säckchen förderte er zu Tage.
Beim nächsten Versuch wurde er wieder fündig und ebenso beim dritten Versuch. Es wollte scheinbar nicht mehr aufhören.
Nicht nur Geldbeutel mit klingelndem Inhalt, auch Taschen mit Urkunden und Pilgerabzeichen kamen zum Vorschein...
„Wo sind die frommen Leute, die zu diesen Sachen gehören?“, drohte der Graf.
Betretenes Schweigen. Nur Arnulf sah ängstlich und erbärmlich zitternd zu seinem großen eisernen Siedekessel hinüber…
„Das ist nicht wahr!“, bemerkte d\\\\\\\\\\\\\\\'Estaing entsetzt und ungläubig.
Arnulfs Knie begannen heftig zu zittern, er brachte kein Wort mehr heraus. Bartolomé und d\\\\\\\\\\\\\\\'Estaing ließen die Halunken bei den Soldaten und gingen zügig zu dem Siedekessel unter dem Holzverschlag.
Nur ein Blick auf den Haufen Knochen und es verschlug ihnen die Sprache!
„Monsieur Astorg“, stellte der Graf angewidert und mit einem makabren Unterton fest, „das wäre auch Euer Ende gewesen!“, während er mit der Spitze seines Säbels einen menschlichen Schädel zu Seite rollte…
Bartolomé schauderte es. Nur eine schnelle und kurz entschlossene Reaktion hatte ihm gestern das Leben gerettet. Der geringste Fehler hätte ihn ohne Zweifel in Knochenseife verwandelt.

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