Gerhard Grote
Vier Gesellschaftsordungen und zwei deutsche Wiedervereinigungen
Taschenbuch Dezember 2013
140 Seiten | ca. 14,8 x 21,0 cm
ISBN: 978-3-86468-590-3
Vier Gesellschaftsordungen und zwei deutsche Wiedervereinigungen
Taschenbuch Dezember 2013
140 Seiten | ca. 14,8 x 21,0 cm
ISBN: 978-3-86468-590-3
Am 28. Oktober 1922 erblickte ich in Lauental, einem kleinen Dorf im Freistaat Danzig, das Licht der Welt. Am selben Tag marschierte Mussolini mit seinen Schwarzhemden in Rom ein, begründete als der „Duce“ Italiens die erste faschistische Diktatur Europas und erklärte diesen Tag zum Beginn einer neuen Zeitrechnung. Ein Jahr später versuchte Adolf Hitler in München, seinem Vorbild zu folgen, scheiterte jedoch zunächst. Aber am 30. Januar 1933 hatte auch er sein Ziel erreicht und verkündete den Beginn eines „Tausendjährigen Deutschen Reiches“. Es währte dann zwar nur 12 Jahre; aber dieser historisch so kurze Zeitraum reichte aus, um furchtbares Elend über Europa und weite Teile der übrigen Welt zu bringen.
Dem Freistaat Danzig, in dem ich meine Kindheit und Jugend verlebte, war ebenfalls nur eine kurze Lebensdauer von 20 Jahren beschieden. Dieser Ministaat mit seinen 400.000 Einwohnern, einer Volkskammer, einem regierenden Senat und einer eigenen Währung – dem Danziger Gulden – war ein Konstrukt des Vertrages von Versailles. Im Ergebnis des I. Weltkrieges wurde gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages Polen, das Ende des 18. Jahrhunderts Russland, Österreich und Preußen unter sich aufgeteilt hatten, wieder ein selbstständiger Staat. Da aber die alte Hansestadt Danzig und ihre unmittelbare Umgebung fast ausschließlich von Deutschen bewohnt waren, sollte dieses Gebiet nicht in den neu geschaffenen polnischen taat integriert werden. Der mit dem Hafen verbundene umfangreiche internationale Handel mit jahrhundertelanger Tradition, die große Werft sowie die Landwirtschaft auf dem fruchtbaren Boden in der zwischen Weichsel und Nogat gelegenen Danziger Niederung waren günstige Bedingungen für die Wirtschaft des Freistaates. Weil Polen über keinen eigenen Ostseehafen verfügte, wurden dem Land zur Abwicklung seiner Ex- und Importe bestimmte Rechte bei der Nutzung des Hafens zugestanden. Außerdem wurde die Eisenbahn des Freistaates polnisches Eigentum, und die Westerplatte an der Weichselmündung wurde zu einer polnischen militärischen Festung ausgebaut. Zur Überwachung dieser komplizierten rechtsstaatlichen Beziehungen wurde ein Völkerbundskommissar eingesetzt, der in der Stadt Danzig seine Residenz hatte.
Hitler hatte von Beginn seiner Herrschaft an die Überwindung der Bestimmungen des „Schandvertrages“ von Versailles zu einem seiner politischen Hauptziele erklärt. Damit waren die tragischen Ereignisse, die am 1. September 1939 in Danzig ihren Ausgang nahmen, vorprogrammiert, und auch mein Leben wurde stark davon beeinflusst. eine Mutter sagte mir jedoch mehrfach, ich sei ein Sonntagskind und würde im Leben viel Glück haben. Als ich zu meinem 80. Geburtstag eine FAZ vom 28. Oktober 1922 erhielt, stellte ich zwar fest, dass dieser Tag in Wirklichkeit ein Sonnabend war. Aber wenn ich Rückschau auf mein bisheriges Leben halte, dann denke ich, dass meine Mutter trotz ihres Irrtums Recht hatte. Ich werde versuchen, das in diesen Aufzeichnungen zu bestätigen.
Dem Freistaat Danzig, in dem ich meine Kindheit und Jugend verlebte, war ebenfalls nur eine kurze Lebensdauer von 20 Jahren beschieden. Dieser Ministaat mit seinen 400.000 Einwohnern, einer Volkskammer, einem regierenden Senat und einer eigenen Währung – dem Danziger Gulden – war ein Konstrukt des Vertrages von Versailles. Im Ergebnis des I. Weltkrieges wurde gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages Polen, das Ende des 18. Jahrhunderts Russland, Österreich und Preußen unter sich aufgeteilt hatten, wieder ein selbstständiger Staat. Da aber die alte Hansestadt Danzig und ihre unmittelbare Umgebung fast ausschließlich von Deutschen bewohnt waren, sollte dieses Gebiet nicht in den neu geschaffenen polnischen taat integriert werden. Der mit dem Hafen verbundene umfangreiche internationale Handel mit jahrhundertelanger Tradition, die große Werft sowie die Landwirtschaft auf dem fruchtbaren Boden in der zwischen Weichsel und Nogat gelegenen Danziger Niederung waren günstige Bedingungen für die Wirtschaft des Freistaates. Weil Polen über keinen eigenen Ostseehafen verfügte, wurden dem Land zur Abwicklung seiner Ex- und Importe bestimmte Rechte bei der Nutzung des Hafens zugestanden. Außerdem wurde die Eisenbahn des Freistaates polnisches Eigentum, und die Westerplatte an der Weichselmündung wurde zu einer polnischen militärischen Festung ausgebaut. Zur Überwachung dieser komplizierten rechtsstaatlichen Beziehungen wurde ein Völkerbundskommissar eingesetzt, der in der Stadt Danzig seine Residenz hatte.
Hitler hatte von Beginn seiner Herrschaft an die Überwindung der Bestimmungen des „Schandvertrages“ von Versailles zu einem seiner politischen Hauptziele erklärt. Damit waren die tragischen Ereignisse, die am 1. September 1939 in Danzig ihren Ausgang nahmen, vorprogrammiert, und auch mein Leben wurde stark davon beeinflusst. eine Mutter sagte mir jedoch mehrfach, ich sei ein Sonntagskind und würde im Leben viel Glück haben. Als ich zu meinem 80. Geburtstag eine FAZ vom 28. Oktober 1922 erhielt, stellte ich zwar fest, dass dieser Tag in Wirklichkeit ein Sonnabend war. Aber wenn ich Rückschau auf mein bisheriges Leben halte, dann denke ich, dass meine Mutter trotz ihres Irrtums Recht hatte. Ich werde versuchen, das in diesen Aufzeichnungen zu bestätigen.
Artikel über den Autor in der BZ vom 29.10.2017
Anzeige im Feuilleton der Zeitung 'neues deutschland' vom 13.02.2014
Anzeige im Feuilleton der Zeitung 'neues deutschland' vom 13.02.2014
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