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Anton Wiechmann
Uropa Bernd


Softcover Februar 2023
150 Seiten | ca. 15,0 x 22,0 cm
ISBN: 978-3-96014-973-6


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„Uropa Bernd“ erzählt die Lebensgeschichte eines emsländischen Heuerlings aus Gersten.
In Interviewgesprächen werden unterschiedliche Lebensbereiche des „Landlosen“ zwischen und nach den grossen Kriegen des letzten Jahrhunderts wieder lebendig.
Die Erzählweise spürt dem Zeitgeist der Epoche und seiner Menschen aus den sogenannten „einfachen Verhältnissen“ des Emslandes empathisch nach und erlaubt so einen wohlwollenden Blick auf die Lebensleistung der damaligen Kriegskinder
Mit minutiöser Genauigkeit erinnert Bernd sich an die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges in der Nachbarschaft des Flug-platzes Gersten-Drope. Die ärgsten Luftkämpfe habe es schon 1942/43 gegeben. „Ende 1943 kehrte Ruhe ein. Die Deutschen hatten kein Benzin mehr.“, so seine heutige Beurteilung.

Gegen Ostern 1945 ging es dann aber wieder los. Seit Tagen und Wochen waren die deutschen Kräfte der Wehrmacht damit beschäftigt gewesen, den Flugplatz für die heranrückenden Kriegsgegner unbrauchbar zu machen. Weithin hörbar wurde gesprengt und verwüstet. Dabei folgte man wohl mehr den von oben eintreffenden Befehlen als dem eigenen Zerstörungs-drang. Denn, so Bernd, bei allen Sprengungen waren die Soldaten offensichtlich darum bemüht gewesen, nicht zu viel von der Drainage zu zerstören, die den Flugplatz von Nässe frei halten sollte. Bemerkenswerterweise hatte sie nämlich die Zerstörungen weitgehend überstanden. Vielleicht dachten die zum Rück-zug befohlenen Kämpfer schon an kommende Zeiten, in der die Drainage wertvolle Dienste für die Nachnutzung des dann geräumten Flugfeldes leisten konnte.

Kurz nach Ostern war dann weit vom Westen her Geschützdonner zu vernehmen. Die englischen Truppen, man nenne sie An-greifer oder auch Befreier, hatten die Ems und den Kanal über-wunden. Mit ihrem Vorrücken wurde der Lärm lauter. Tag für Tag kamen die Einschläge näher. In dem kalkverputzten Zimmern des Heuerhauses rieselte es von der Decke und den Wänden. Das Baumaterial war den Vibrationen der Schallwellen nicht gewachsen. Bernd und sein Bruder Hans zogen sich zurück in den hofeigenen Bunker, den der Vater für mögliche Eventualitäten eines letzten Rückzuges hergestellt hatte.

Aber das brauchte nur zwei Nächte. Schon am ersten Wochen-ende nach Ostern hatten die deutschen Soldaten sich verflüchtigt. Und die Engländer konnten den Militärflugplatz der Wehr-macht in Drope vereinnahmen und für ihre Zwecke besetzen. Es wurde ein wenig ruhiger.

Was die deutschen Rückzügler in wochenlanger mühevoller Arbeit unbrauchbar gemacht hatten, reparierten die Engländer in wenigen Tagen. Es stand hinreichend Bauschutt zur Verfügung von zerschossenen oder abgebrannte Gehöften, mit dem die Start- und Landebahn provisorisch geglättet werden konnte. Schon bald war der Platz für die Zwecke der Besatzer wieder einsatzfähig.

Drei der vier Gehöfte in der unmittelbaren Nähe dieses Militärobjektes lagen direkt an der Zufahrt zum Flugplatz. Das Heuerlingsanwesen der Jansens hatte seinen Standort ein wenig abseits, Glück für Familie Jansen. Die drei bäuerlichen Niederlassungen an der Zufahrt wurden besetzt und dienten fortan als Quartier für die Besatzer. Jansens konnten ihr Anwesen weiter bewirtschaften.

Aber nicht frei von Störungen. Bald nach ihrem Eintreffen, vielleicht schon an diesem ersten Wochenende nach Ostern, sah der noch nicht ganz vierzehnjährige Bernd drei Soldaten auf den elterlichen Hof zusteuern. Kurz vor Erreichen des Anwesens nahmen sie ihre Maschinenpistolen von der Schulter. Die Möglichkeit, sie blitzschnell in Anschlag bringen, war gegeben. Ein Effekt, der bedrohlich wirken konnte für die Hausbewohner, vielleicht auch bedrohlich wirken sollte. ...

Was wollten die Soldaten? Niemand im Hause sprach Englisch oder verstand es, und die Engländer sprachen kein Deutsch. Genaues Hinhören und Beobachtung der Zeichensprache war notwendig. Manche Ausdrücke des Englischen lassen sich mit Hilfe der plattdeutschen Sprache annähernd deuten, wenn dabei die nötige Phantasie eingesetzt wird. Der Vater verstand zuerst, was los war. Die Soldaten wollten Eier. Im Nachhinein interpretiert, könnte die Frage gelautet haben: „Do you have eggs?“ Der Vater gab die Anweisung: „Gib jedem drei Eier!“ Der Junge begab sich in sein Schlafzimmer, wo auf einem Schränkchen ein Korb stand, in dem die täglich frisch gelegten Eier aus dem Hühnerstall gesammelt wurden, und teilte für jeden der drei Besatzer drei Eier aus. ...

Mit den drei ausgeteilten Eiern pro Person waren die britischen Soldaten bei ihrem Besuch des Heuerhofes Jansen fürs Erste zufrieden und zogen ab. Bis zum nächsten Mal, als sie sich wieder drei Eier holten. Aber der Bestand an Eiern nahm bald ab. Die Hühner konnten nicht so schnell nachlegen. Also rückten Vater und Sohn nur noch zwei Eier für jeden raus. Irgendwann, aber nach gar nicht so langer Zeit, war die Kommunikation zwischen den Besatzern und der Familie Jansen so weit gediehen, dass man sich trotz fehlender Sprachkenntnis ein wenig besser verstand. ...

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