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Karin Bottke
Niemand zieht ins Nachbarhaus


Taschenbuch Januar 2013
110 Seiten | ca. 12,0 x 19,0 cm
ISBN: 978-3-86468-351-0


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Mit diesem Buch hat die Autorin Karin Bottke einen märchenhaften Text verwoben mit Bildern ihres Sohnes Christian. Die meisten Illustrationen und das Cover sind seine Zeichnungen und kleine Kunstwerke aus der Kindergartenzeit und dem Schulanfang in den Jahren 1975 – 1978, als Christian Bottke so alt war wie Tim, die Hauptperson des Buches.
Es sind Arbeiten mit Blei-, Bunt- und Filzstift, Kreide, Tusche und Buntpapier. Als Unterlage diente, was gerade da war: Karton, Zeichenblock, Schreib- und Schmierpapier. Ein Haus als Collage, die Marienkäfer aus Wachs. Der Baum ist aus Wollfäden, der Schneemann aus Watte, und das Männchen aus gepressten Blättern geklebt. Wunderbare, kleine Erinnerungsstücke. Erstaunlich passend zum Text, als wäre schon damals, vor über 30 Jahren klar gewesen, dass eines Tages dazu genau diese Geschichte entstehen würde.
„Niemand zieht ins Nachbarhaus“ ist eine Erzählung nicht nur für Kinder. Alle, die im Herzen jung geblieben sind, die sich rätselhaften Ereignissen nicht verschließen, die Novellen lieben, mit ihren Zufällen und den unerhörten Begebenheiten, wird diese Kurzprosa viel Freude bereiten.
Im Mittelpunkt der Handlung stehen Menschen, die auf geheimnisvolle Weise miteinander verbunden sind. Menschen, die sich anscheinend nicht kennen, gar nicht kennen können. Aber es gibt wohl mehr zwischen Himmel und Erde, als wir ahnen.
Die alleinlebende junge Kindergärtnerin Sonja erträumt sich ihre Kindheit, ihre nicht vorhandene Familie, ins Nachbarhaus. Dieser Wunsch nach Geborgenheit wird wahr und mit ihm die Liebe zu einem Kind.
Tim ist vier Jahre alt und mit einer Gabe ausgestattet, die den Erwachsenen fehlt. Er kann mit dem Herzen sehen und fühlen. Er beeinflusst das Leben Sonjas und aller anderen Menschen um sie herum positiv, bis eines Tages abrupt wieder alles vorbei ist und das Nachbarhaus verwaist zurückbleibt.
Was wir gemeinsam mit Sonja empfinden, ist Sehnsucht, ist Trauer. Aber wer die Autorin und ihre Texte kennt, weiß, dass sie ihre Leserinnen und Leser mit dieser Suche nach Geborgenheit nicht allein lässt. So darf man sich auf eine zauberhafte Geschichte freuen, die uns zeigt, dass alles im Leben seinen Sinn hat.
Zusammen mit den Kindergartenbildern ihres damals fünfjährigen Sohnes hat Karin Bottke eine Einheit geschaffen, wie sie gelungener nicht sein kann.
Niemand zieht ins Nachbarhaus

Unser Nachbarhaus sah aus wie eine viel zu große Gartenlaube, wie ein verwunschenes Hexenhäuschen. Und es stand schon viele Jahre leer. Oben am Giebel war mühsam aus der abgeblätterten Farbe heraus der Schriftzug \"Villa Timothy\" erkennbar. Im Dach fehlten Schindeln, Scheiben waren zersprungen, das große Verandafenster fehlte ganz, und der Garten war verwildert. So verwildert, dass ich mich in meinem danebenliegenden Grundstück nicht retten konnte vor Unkraut.
Eines Tages stand ein Möbelwagen vor der Tür, und bevor ich verwundert registriert hatte, dass dort wohl jemand einzieht, ohne vorher wenigstens notdürftig Ordnung gemacht zu haben, ohne durchgelüftet zu haben vom Keller bis zum Boden, einfach so einzieht, war der Möbelwagen schon wieder fort.
Am anderen Morgen rauchte der Schornstein, und als ich am Spätnachmittag von der Arbeit heimkam, war das Dach repariert und die Veranda mit einer großen, blanken Scheibe geschlossen. Durch den Garten schlängelte sich ein bequemer Weg. Ich hatte vorher in all dem Kraut nicht gesehen, dass so eine vielfältige Blumenpracht dort blühte. Alle Frühlingsblumen, die man sich denken konnte, säumten den Pfad. Da standen Tulpen, Narzissen und Osterglocken in der Rabatte. Stiefmütterchen leuchteten in vielen Farben und Krokusse reckten sich auf dem kurzen Rasen unter dem großen Apfelbaum ins Licht. Ach, und erst der Baum! Er stand in voller Blüte. Leise wehten immer wieder zarte weiße und rosarote Blütenblätter durch die Luft. Es sah im Sonnenschein aus, als würde es schneien.
Mein Garten stand im krassen Gegensatz zu diesem kleinen Paradies. Bei mir blühten Schneeglöckchen und außer dem Gelb an den Forsythien-Sträuchern waren Büsche und Bäume nur voller dicker Knospen.
Jetzt tauchte hinter dem Lattenzaun aus diesem duftenden Farbenmeer ein schmaler, bärtiger Kopf auf; volle, schneeweiße Haare über einem freundlichen Gesicht. Der Alte sah zu mir herüber und ich winkte ihm zu. „Herzlich willkommen, Herr Nachbar!“, rief ich über den Zaun. Er winkte lachend zurück und rief: „Danke, liebe Sonja! Meine Frau wird sich nachher bei Ihnen melden. Sie kommen doch zu einem Begrüßungskaffee?“ Ich nickte überrascht, wollte etwas sagen, aber sein Kopf war zwischen den Büschen schon wieder verschwunden. Er kannte meinen Namen.
Natürlich. Wenn ich irgendwo einziehe, informiere ich mich über meine nächsten Nachbarn. Er nannte mich einfach beim Vornamen. Nun, warum nicht. Er hätte mein Großvater sein können. Wirklich! An meinen Großvater Wilhelm konnte ich mich kaum erinnern. Aber wir hatten zuhause ein altes, gilbes Foto im schwarzgoldenen Prunkrahmen. Es hing mit vielen anderen in der Stube über dem Sofa. Die Eltern meines Vaters. Ja, er hätte mein Großvater sein können. Ich lächelte in Erinnerung an dieses Bild und freute mich auf den Nachmittag.

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