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Rosi Nieder
Landluft


Taschenbuch September 2011
206 Seiten | ca. 14,8 x 21,0 cm
ISBN: 978-3-940167-81-1


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Mit hintergründigem Humor und feiner Beobachtungsgabe nimmt die Autorin die Tücken des Zusammenlebens in Familie, Dorf und Region unter die Lupe. Ihre flott geschriebenen, kurzweiligen Geschichten aus dem Eifeler Alltagsleben, von gewöhnlichen und ungewöhnlichen Mitmenschen und Ereignissen, bieten Stoff sowohl zum Schmunzeln als auch zum Nachdenken. Auch wenn nicht alles in dieser Form passiert ist, so steckt doch in jeder dieser Episoden mehr als ein Körnchen Wahrheit.
So mancher Leser wird so einige Zeitgenossen und Situationen darin wiedererkennen.
Ehetrott

Dieses Mal hatte kurt ihren Hochzeitstag nicht vergessen. Ob es nur daran lag, dass Karin im Laufe der Woche immer wieder so ein paar kleine versteckte Hinweise gegeben hatte, war egal. Hauptsache er hatte daran gedacht. Zusätzlich zu einem Strauß Rosen und einem liebevollen Küsschen lud Kurt seine Angetraute samstagabends zum Essen in ein gutes Restaurant ein.
Und dann saßen sie sich gegenüber, fein herausgeputzt. Zur Feier des Tages bestellte Kurt sogar zwei Aperitifs. Karin wunderte sich, weil sie wusste, dass er sonst so etwas für Firlefanz hielt, wo man doch im Supermarkt für das Geld eine ganze Flasche von dem Zeug bekam.
Sie wunderte sich jedoch nicht, als ihr Jubiläums-Ehemann kaum eine Minute nachdem der Kellner die Speisekarten gebracht hatte, seine schon aus der Hand legte und bereits wusste, was er wollte. Sie wusste es noch nicht. Aber dafür wusste sie schon genau, wie es weitergehen würde. Sie konnte sich mal wieder nicht entscheiden und er konnte nach all den Ehejahren wieder einmal nicht begreifen, wieso sie immer so lange brauchte, um ein Essen auszuwählen.
"Und?", fragte er irgendwann leicht drängelnd, "kennst du die Karte jetzt auswendig? Ich habe Hunger!"
....
wenig später:
Oh Mann, dachte Karin, als sie gelangweilt mit dem Fischbesteck an ihrem Zander herumhantierte, man müsste endlich noch einmal etwas Aufregendes erleben, etwas Verrücktes tun so wie früher. Wie damals, als sie frisch verliebt im strömenden Regen Hand in Hand barfuss durch die Stadt gelaufen waren und sich gegenseitig die Regentropfen weggeküsst hatten. Oder wie sie am Anfang ihrer Beziehung Kurt ohne Wissen ihrer Eltern in ihr Zimmer geschmuggelt hatte, er wegen einer Daunenallergie anadauernd hatte laut niesen müssen und ihre Oma plötzlich mit der Medizinflasche vor ihrem Bett gestanden hatte.
Mit Entzücken und auch ein bisschen Wehmut erinnerte sie sich an das hübsche Hotelzimmer auf ihrer Hochzeitsreise, das so dünne Wände hatte. Damals hatte es dem frisch verliebten und getrauten Ehepaar überhaupt nichts ausgemacht, die halbe Nach lang das um Ruhe bittende Klopfen ihrer Nachbarn zu ignorieren. Sie konnten sogar noch wochenlang darüber kichern. Schade. Jetzt würde die benachbarten Hotelgäste höchstens wegen Kurts lautem Schnarchen an die Wand klopfen.
Plötzlich musste sie LACHEN: gerade stellte sie sich vor, wass passieren würde, wenn sie hier in dem feinen Restaurant die Szene von Harry und Sally aus dem gleichnamigen Film spielen würden. Warum sollten sie nicht wirklich noch einmal etwas Verrücktes tun? Ausbrechen aus den Konventionen, dem Alltagsleben, dem Trott, der ihre Ehe manchmal aussehen ließ wie die eines uralten Ehepaares, ohne Pep, ohne Aufregungen. Oh Gott, Kurt würde vor Scham in der Erde versinken, wenn sie anfangen würde in höchsten Tönen zu stöhnen. Und nie im Leben käme er auf die Idee, unter dem Tisch etwas stattfinden zu lassen.
"Warum lachst du?" fragte Kurt.
"Ich... ich habe mir gerade vorgestell... ach was. - Ähm, kannst du dich an Harry und Sally erinnern?"
"Harry und Sally? Du meinst den Film mit Meg Ryan und der Szene im Restaurant?"
"Hmm."
Ein paar Minuten hingen beide ihren Gedanken nach. Kurts Augen bekamen einen merkwürdigen Glanz. Dann zeigten seine braun gebrannten Gesichtszüge zuerst ein belustigtes Grinsen, das innerhalb weniger Minuten ganz spontan überging in den Ausdruck einer Sinnlichkeit, Erotik. Er schloss die Augen, zog tief und laut den Atem ein und aus und dazu gab er genießende, stöhnende Laute von sich.
Augenblicklich hätte sich Karin gewünscht, dass sich ein Loch im Boden auftäte, um darin zu versinken, als sich die Blicke sämtlicher Gäste rundum auf sie richteten.
"Kurt, hör auf", zischte sie ihm zu und trat unter dem Tisch gegen sein Schienbein. Sie sprang auf, stellte sich vor ihn, hustete laut, um seine Geräusche zu übertönen. Schüttelte ihn "geht es dir nicht gut? Kurt, um Gottes willen, soll ich den Arzt holen?"
Der Kellner schwebte wie ein Geist auf sie zu: "Kann ich Ihnen helfen?"
"Bringen Sie mir genau das, was er hatte", rief der ältere Herr vom Nebentisch.
Es dauerte einige Momente, bis Karin in das daraufhin einsetzende schallende Gelächter der anderen Restaurantgäste mit einfiel. Sie hatte es ja nicht anders gewollt.

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