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Hannes Lange
Kletterschuhe und Knobelbecher
Heitere Geschichten vom

Taschenbuch Februar 2011
352 Seiten | ca. 12,0 x 19,0 cm
ISBN: 978-3-942693-65-3


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Der Titel verrät es – die erwähnten Fußbekleidungen sind ein Synonym für ganze Generationen von Jugendlichen, die auf der östlichen Seite der Mauer diesen „schwierigen Entwicklungsprozess“ durchmachten. Kletterschuh trug man ab vierzehn, die Knobelbecher im Allgemeinen nur während der Armeezeit. In diesen Jahren wurden aus Halbwüchsigen erwachsene Männer. Erwachsene Männer? Mitnichten – wie ihr gleich lesen könnt.
Einige der Geschichten werden ausdrücklich nicht zur Nachahmung empfohlen, bei anderen wird es im Kopf von euch, ihr geneigten Leser, sicher „Klick“ machen. Und auf das „Klick“ bin ich gespannt. Sollte es wirklich Streiche geben, die ich noch nicht kenne? Da bin ich aber mehr als neugierig. Schluss der Vorrede – das Buch beginnt vorn.
„Haste Teewurst?“
Ich hatte, vier mal 500 g gingen auf „Wechselkurs“.
„Hier haste eene Kiste.“
„Biste verrückt, was soll ich denn mit 20 Flaschen Schlagsahne, das ist doch viel zu viel.“
„Gloob´ste du, ich klau eenzelne Flaschen? Ne, das fällt doch bloß uf. Außerdem kann man de Sahne glei aus der Flasche kuddeln, gibt eene stramme un gute Figur.“
Mit lüsternem Blick strich sie sich aufreizend über ihre gewaltigen Hüften und ließ ihre großen Brüste wippen.
„Klar, machen wir, Danke, muß weiter, die Zeit drängt, bis morgen.“
„Warum habt ihr Kerle eigentlich nie Zeit, ist jammerschade, Tschüß, bis morgen. Da machen wir Vanillemilch, wieder zwei Kisten?“
„Ja, und ich bring morgen Fleischsalat mit.“
Uff, das wäre geschafft, das hätte mir gerade noch gefehlt, zu solch
unchristlicher Zeit diesen Vesuv von einem Fleischberg zu besteigen.
Lieber Gott, laß so etwas nie und nimmer zu!
Rein in die Karre und ab dafür. Nach genau zwei Stunden rollte ich vor den Wareneingang an der Kasernenküche.
Der Fressalienbulle erwartete mich schon.
„Hast du die Schlagsahne für den Spieß dabei?“
„Aber immer, mehr als genug.“
„Stell sie hier in den Kühlraum, ich geb sie ihm dann.“
„Ne, ne, das mach ich schon selber. Die bringe ich dann gleich bei sei- ner Frau vorbei, muß sowieso noch mal in die Stadt, da fahr ich grad mit hin, liegt quasi auf der Strecke.“
Das fehlte mir gerade noch, der faule Sack wollte wohl mein Lob ein- heimsen, wo ich für´s nächste Wochenende einen KU (Kurzurlaub) geplant hatte.
Der hat wohl nicht alle Latten am Zaun, der Fettwanst, der dämliche!

Ich klopfe am Spießbüro.
„Lange, komm rein!“
Kann der Spieß hellsehen oder rieche ich schon wieder etwas streng?
„Hauptfeld, gestatten Sie, dass ich ...“
„Hör auf mit dem albernen Scheiß, hier geht es um viel wichtigere Dinge, privat kommt vor Katastrophe, hör mal, mit der Sahne, das hat ja bestens geflutscht, aber ich habe noch ein Problem, meine Alte hat angerufen, mit dem Kalbfleisch hat´s nicht geklappt, kannst du ...?“
„Hauptfeld, ich wollte eigentlich am kommenden Wochenende nach Hause zu Muttern, mich mal richtig satt essen.“
Hauptfeldwebel Ahrend schaut mir in die Augen und grinst dreckig.
„Soso, mal satt essen, verstehe, und die Mutter ist achtzehn und hat dicke Titten, du Wildsau, satt essen – den Ausdruck habe ich „dafür“ auch noch nicht gehört.“
Dabei sieht er auf mein wohlgerundetes Bäuchlein mit dem mehr als straff sitzenden Koppel, dessen enormes Ausmaß Anlass zu ernst- gemeinten Klagegebeten meinerseits bot.
„Eigentlich müsstest du mit deiner Fettwampe eher auf die Sturmbahn als auf den Entsafter, aber mal im Ernst, besorge mir mindestens zwei Kilo feinstes Kalbfleisch, dann hänge ich noch einen 6°°Uhr-Ausgang an den KU, als Belobigung für vorbildliche Dienstdurchführung.“
„Ich geb mein Bestes, versprochen.“
„Raus jetzt, du Wanderzigeuner, und laß dich nicht erwischen.“
Nun erst einmal ordentlich gefrühstückt (ohne Mampf kein Kampf ), dann Start zur zweiten Tour.
Dafür musste ich meine ganze Fahrtroute ändern, denn ich brauchte ausreichend Tauschware.
Also zuerst ins Versorgungsdepot der NVA.
„Lange, dein Scheiß steht schon auf der Rampe, für´s Offizierskasino. Sieh zu, dass du fertig wirst, ich habe noch anderes zu tun.“
„Oberfeld, haben Sie Appetit auf total frischen Kuchen? Habe auch Fruchtmilch und Schlagsahne.“
„Klar, immer, was brauchst du denn?“
„Na, paar Büchsen Ölsardinen, Ananas und zwei Flaschen Braunen.“
Kopfschüttelnd packte er die „sozialistischen Backwaren“, schleppte sie in sein Büro und verschwand anschließend im Lager.
Nach einer kleinen Weile erschien er mit einem Pappkarton und stellte ihn vorsichtig auf die Ladefläche.
„Nischte wie´s Saufen und Fressen im Koppe, die Tagediener. Fehlt bloß noch, dass ihr uns´re Weiber vernascht, aber da wird nischte draus, mir treten uns´re Hühner selber. Hau endlich ab und laß dich nicht erwischen.“
„Und laß dich nicht erwischen!“
Ein täglich gebrauchter Satz bei der Armee, wichtiger als jegliche Dienstvorschrift.
Da würde der HF sich freuen, Ölsardinen und Ananas – ein seltener Genuss. Den Schnaps brauchte ich für den Schlachthof, der war für die immer durstigen Fleischergesellen als Tauschobjekt gerade gut genug.
Ab zu den „Tiermördern“.
„He, Leute, hab ihr Durst?“
„Was haste denn zu bieten, zeig mal her den Fusel.“
„Langsam, langsam, Eile mit Weile, ich brauche zwei Kilo feinstes Kalbfleisch.“
„Paul, trabe ab, hast doch gehört, was der Genosse Volksbeschützer benötigt, und sei nicht gar zu sparsam, mach, uns juckt schon der Knorpel.“
Nach nur wenigen Minuten kam Paul mit einem riesigen Paket an- getrabt, mindestens zehn Kilogramm schwer.
„Ich hab noch ein paar Kilo Schnitzel draufgepackt, damit der Herr im Trachtenlook beide Pullen rausrückt.“
„Prost denn, lasst es euch schmecken, ich darf ja leider nicht.“
„Wär ja noch schöner, erst unser Fleisch vereinnahmen und uns dann auch noch das bisschen Schnaps wegsaufen.“
Ruck – Zuck waren die Fleisch- und Wurstkisten, die für die Kaserne bestimmt waren, auf dem Laster verstaut.
„Die kleine Plastekiste is für dich, die brauchen wir aber wieder zu- rück, verstanden?“
„Geht klar, Chef, bring ich morgen wieder mit.“
Gang rein und ab.
Auf zum „VEB Feinkost Dresden“, einer meiner Lieblingskunden. Dort wurde ich schon erwartet.
Zehn große Eimer Fleischsalat wanderten auf die Ladefläche.

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