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Dieter Kreiner
Haus Wittelsbach und Pfalz - Gott erhalts


Taschenbuch Januar 2018
388 Seiten | ca. 14,8 x 21,0 cm
ISBN: 978-3-96014-410-6


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Die Häufung von Denkmälern, Straßen und Plätzen in der Pfalz, in deren Benennung „Wittelsbach“, bzw. der Name einer aus dieser Dynastie stammenden Fürsten oder Könige enthalten ist, veranlasste mich eines Tages dazu all jene Angehörigen des Hochadelsgeschlechts der Wittelsbacher genauestens unter die Lupe zu nehmen. Zu meinem Erstaunen stellte ich dabei fest, dass es von 1214 bis 1918 ausschließlich Abkömmlinge aus der Dynastie der Wittelsbacher waren, die in jener Zeit die Regierungsgewalt in der Pfalz ausgeübt haben.
Das Quellenstudium für dieses Buch erstreckte sich dann über Jahre hinweg und erforderte das Lesen Zehntausender von Seiten, inbegriffen zeitgenössische Dokumente und Zeitungen, geschichtliche Abhandlungen, historische Biografien, Persönlichkeitsbewertungen durch Zeitgenossen, Tagebuchnotizen, über das Internet einsehbare Dokumentationen und auch umfangreiche Recherchen in öffentlichen Archiven.
All diese Informationen zusammengenommen ermöglichten mir einen wahren Einblick in die Lebensgewohnheiten der in dieser Zeit regierenden Fürsten und Könige zu gewinnen und versetzten mich in die Lage die Herrscherpersönlichkeiten mit all ihren Stärken und Schwächen, ihren Liebschaften, seelischen Bedrängnissen, euphorischen Momenten und mit manchen ihrer weithin noch wenig bekannten Eigenarten und Neigungen getreulich nachzeichnen zu können.
Ludwig II. „der Strenge“ (1253 – 1294 Pfalzgraf bei Rhein)
Ludwigs Beiname „der Strenge“ rührt daher, dass er seine erste Ehefrau Maria von Brabant 1256 - nach erst anderthalb Ehejahren - in rasender Eifersucht ermordete. Die Ursache der Angelegenheit war ein Brief an den pfälzischen Ritter Raugraf Heinrich I., den er versehentlich in die Hände bekommen hatte und der von ihm falsch interpretiert worden war. Der Herzog war gerade im Rheinland unterwegs und kehrte in gestrecktem, fünf Tage währendem Galopp auf seine Burg über Donauwörth zurück. Um Mitternacht traf er dort ein, erstach zunächst den Burgvogt und ein Burgfräulein, die ihn freudig begrüßen wollten, stürzte daraufhin die Zofe seiner Frau über des Turmes Zinnen hinab in den Abgrund und schleifte sodann seine Frau, die sich so sehr auf die Heimkehr ihres Mannes gefreut hatte, zur Donaubrücke, wo er sie mit dem Schwert richtete. Als sich bald herausstellte, dass seine Frau absolut unschuldig gewesen war, soll er über Nacht schlohweiße Haare bekommen haben Dass er in jähen Zorn seine unschuldige Gattin, sowie mehrere unschuldige Personen seines Hofes getötet hatte, bereute er nun bitter und trug fortan zeitlebens ein leinenes Büßerhemd und gelobte Papst Klemens IV. tätige Reue. Dieser bürdete ihm folgende Sühnehandlung auf:
Der Bayernherzog muss entweder mit einem seinem Rang angemessenen Gefolge auf einen Kreuzzug gehen, oder ein Kloster für zwölf Mönche bauen lassen. Er entschied sich für das Kloster und ließ das Zisterzienserstift in Fürstenfeldbruck errichten. Seine Beamten ließ er eifrig dafür spenden, was von Seiner Heiligkeit dem Papst sicherlich nicht so gewollt gewesen war.

Ludwig IV. „der Bayer“ (1328 – 1347 Kaiser im Heiligen Römischen Reich)
Mit dem Papst war Kaiser Ludwig IV. zeitlebens verfeindet, weil Ludwig auf die Unabhängigkeit der weltlichen Herrscher gegenüber dem Papsttum bestand und dessen Approbationsanspruch, wonach eine Königs- oder Kaiserkrönung erst dann Gültigkeit bekam, wenn der Papst seine Bestätigung dazu abgegeben hatte, auf das entschiedenste ablehnte. Aus diesem Grund sprach Papst Johannes XXII. bereits im Jahr 1324 den Bannfluch mit folgenden Worten gegen Kaiser Ludwig IV. aus:
„Verflucht sei er, der Bayer, im Namen der Apostelfürsten Petrus und Paulus!
Seine Burgen mögen in die Gewalt der Feinde fallen. Seine Töchter sollen bis ins vierte Geschlecht geschändet und seine Söhne gedemütigt werden!“

Maximilian I. (1623 – 1648 Kurfürst von Pfalz-Bayern)
Die Liebe der Bayern zum Biergenuss beschäftigte Maximilian – wie übrigens viele Wittelsbacher vor und nach ihm – aber auch. Hatte doch schon sein Vater, der Herzog Wilhelm V. im Jahre 1614 den Einbecker Braumeister Elias Pichler nach München geholt und ihn beauftragt hier Original „Einbecker“ Bier zu brauen, im damaligen Deutsch „Ainpöckisch“ Bier. Die Münchner Mundart machte daraus „Oambock“, woraus später dann die Bezeichnung „Bock(-)bier“ wurde. Maximilian selbst bevorzugte aber das leichtere Weißbier aus Weizen, für das er sich das Monopol sicherte. Das prickelnde Getränk kam so gut an, dass er dafür am Platzl, wo das Hofbräuhaus auch heute noch steht, ein eigenes Weißbierbrauhaus errichten ließ. Für Normalbürger wurde der Ausschank im Hofbräuhaus aber erst 1828 durch König Ludwig I. erlaubt. Die Beliebtheit im Hofbräuhaus einzukehren hat bis auf den heutigen Tag nicht nachgelassen. Dies bezeugen die mehr als 120 Stammtische mit 3.500 Stammgästen! Ludwigs Nachfolger, König Maximilian II. übergab das Hofbräuhaus 1852 dann dem bayerischen Staat und seitdem ist der bayerische Finanzminister Chef vom Hofbräuhaus. (Derzeit Markus Söder!)

Karl Philipp Theodor (1777 – 1799 Kurfürst von Pfalz-Bayern)
Karl Theodor war ein sehr „sinnenfroher Herrscher“ und begann nach dem Tod des Thronfolgers 1761 eine sozusagen „offizielle Mätressenwirtschaft“ einzuführen. Er legte jetzt jedenfalls keine Scham mehr an den Tag wenn er sich in unzählige amouröse Abenteuer stürzte. Ob Bäckerstochter, Gräfin, Tänzerin, Schauspielerin oder einfache Bürgerstochter, der Kurfürst war da keineswegs wählerisch und soll während seiner Regierungszeit bei seinem lüsternen Tun zwischen 50 und 200 uneheliche Kinder gezeugt haben. Vier seiner Konkubinen erfreuten sich seiner Gunst sogar derart, dass er seine mit ihnen gezeugten insgesamt acht Kinder anerkannte und dass er die Damen mit Gütern belehnte und sie adelte, so dass etwa die Bäckerstochter Eleonore Huber kurzerhand zur Gräfin von Bergstein avancierte.
Der Historiker Felix Joseph von Lipowsky kommentierte die Ausschweifungen des absolutistisch regierenden Karl Theodor folgendermaßen: „Für eine zweite Geburt hielt die einhellige Meinung gelehrter Aerzte den Körper der Churfürstin Elisabeth Auguste nicht mehr geeignet, weil Mutter und Kind unfehlbar das Opfer des Todes seyn würden. Um ihr Leben zu erhalten, entsagte die Churfürstin daraufhin auf immer der Hoffnung noch einmal Mutter zu werden, und entzog sich in dieser Beziehung ihrem Gemahl. In seiner vollen körperlichen Kraft und bei einem Alter von 37 Jahren war dem Churfürsten Enthaltsamkeit unmöglich und der weise Fürst und der wahrhaft gute Christ unterlag gleich einem König Salomo der menschlichen Schwachheit.“ Und Zschokke, ein anderer Historiker meinte: „Seine Gewissensvorwürfe beruhigte die fromme und kluge Beredsamkeit seines jesuitischen Beichtvaters Frank.“
Karl Theodors Gemahlin Elisabeth Auguste hatte jedoch ebenfalls viele außereheliche Techtelmechtel. Einer Freundin gestand sie: „Ja, so leid es mir tut, aber die schönsten erotischen Stunden hatte ich mit den Ehemännern meiner Schwestern!“

König Ludwig I. (Regierungszeit: 1825 – 1848)
Bei einer Italienreise lernte Ludwig im Karneval 1821 in Rom auch die verheiratete, ebenso gebildete, wie überaus bezaubernde, 18-jährige Marchesa Marianna Florenzi kennen. War es nicht ein Zeichen, dass sich, wie Ludwig schwärmte, ROMA rückwärts AMOR lese? Seiner Schwester Charlotte schrieb der unsterblich verliebte Ludwig: „Wenn du deinen Bruder sehen könntest, hüpfend, singend, mit der Flöte spielend, würdest du nicht glauben einen Familienvater von 35 Jahren zu sehen, sondern einen 17-Jährigen.“
Am 31. Oktober desselben Jahres bekam Marianna einen Sohn und es steht zu vermuten, dass dieser königlich-bayerischer Lendenkraft entsprang, weil er auf den Namen Ludovico getauft wurde, Ludwig die Patenschaft übernahm und Ludwig das Kind auch zeitlebens väterlich umsorgte.

König Ludwig II. (Regierungszeit: 1864 – 1886)
Unter den gleichgeschlechtlichen Freundschaften und Vertrauten König Ludwigs finden sich Männer aus allen sozialen Schichten, darunter Berater, Hofchargen, und Schauspieler. König Ludwigs intensive körperliche Kontakte zu seinen zahlreichen Männerbekanntschaften reduzierten sich großenteils auf Umarmungen, jedoch schon immer wieder auch auf den Austausch von leidenschaftlichen Küssen. Besonders Letzteres bereitete ihm entsetzliche Schuldgefühle. König Ludwig hat unter seiner sexuellen Orientierung sehr gelitten. Denn die ihm von seinem Vater vermittelten strengen moralischen Erziehungsprinzipien und die bigotten Vorstellungen von Sünde und Reinheit, welche ihm seine Mutter eingetrichtert hatten, ließen Ludwig in seinen Tagebucheinträgen immer wieder von Neuem verzweifelte Selbstvorwürfe, Schwüre, Vorsätze, Beteuerungen, Gebete und Anrufungen niederschreiben:
„Keinen Kuß mehr - Reinheit, Königtum!“ Noch sechs Tage vor seinem Tod lautete ein von ihm verfasster Tagebucheintrag: „2 Monte 3 Wochen vor 41 – Gedenken Sie Sire . – von nun an nie ! – auch der Küsse streng enthalten. Geschworen im Namen des Großen Königs und anrufend die mächtige Hilfe des Erlösers. Linderhof 86. Louis

Noch etwas machte König Ludwig schwer zu schaffen und ließ ihn in seinen Tagebucheinträgen um Hilfe flehen: Seine ständigen Gewissensbisse darüber, dass er seinen Selbstbefriedigungshandlungen nicht Herr werden konnte. Denn durch unkeusches Denken und Tun, so war ihm eingetrichtert worden, versuche der Satan die Menschen von Gott zu entfernen. Doch Ludwig wollte so sein wie Wagner‘sche Bühnenhelden: keusch, wahr und schön. Aber stets „sündigte“ er aufs Neue und musste deswegen immer wieder bereuen und ständig neue Vorsätze fassen, in dem Bewusstsein, dass er sie nicht würde einhalten können. König Ludwig belegte sein Onanieren deshalb in seinen Tagebucheinträgen dutzende Male mit einem Bannstrahl: „3. Feb 1872 Hände kein einziges Mal mehr hinab, bei schwerer Strafe!“ Dazu muss man wissen, dass die „Selbstbefleckung“ im 19. Jahrhundert nicht nur als eines der verwerflichsten Laster, sondern auch als Ursache zahlreicher Leiden galt und eine schwere Überschreitung der moralischen Gebote, also eine Sünde war.
Die homoerotische Ausrichtung des Königs drang natürlich mit der Zeit auch an die Öffentlichkeit. Da man ja nicht offen darüber sprechen durfte, zum einen aus Befangenheit und auch, weil es ja noch die „Majestätsbeleidigung“ gab, bürgerte es sich ein am Stammtisch von „Herrn Huber“ zu sprechen. Und unter diesem Pseudonym wurde das dann diskutiert.

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