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Hendrik Zellmann
Halb Blau, Halb Pink
Die zweite Halbzeit läuft

Taschenbuch Januar 2019
214 Seiten | ca. 13,0 x 19,0 cm
ISBN: 978-3-96014-552-3


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Alles scheint perfekt! Er ist 43 Jahre jung, hat eine wundervolle Tochter, eine solide Beziehung und ab und an mehr oder weniger guten Sex.

Doch da ist immer ein Gefühl, welches sagt: DAS IST ES NICHT! Aber alles aufgeben nur für ein Gefühl? Wer dies tut, muss sich wohl fragen lassen, ob er noch ganz bei Verstand ist!

Eine unglaublich schöne, aber auch spannende Coming-Out-Geschichte. Der Autor berichtet über die erste Halbzeit seines Lebens und startet dann, mitten im Leben, noch einmal völlig neu.

Der Neustart funktioniert und es beginnt die zweite Halbzeit. Für ihn ein riskantes Abenteuer mit viel Selbstironie, zweiter Pubertät und einem erfrischenden Humor.
Eine Lebensgeschichte, die einen auch manchmal innehalten und sich selbst betrachten lässt.
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Wow! Ich sitze nackt und schweißgebadet auf der harten Kante des großen Doppelbettes meiner Ferienwohnung und schaue, immer noch ganz zittrig von der nun langsam nachlassenden Erregung, am großen Esstisch vorbei, hinaus auf den Hang unterhalb des Brocken. Nur unbewusst nehme ich wahr, dass es über Nacht geschneit hat. Und sofort versuche ich meine Gedanken zu ordnen.

Was bitte war das denn? Ich, ein Mann von nunmehr fast 43 Jahren und Vater einer 13-jährigen Tochter, habe in den letzten drei Stunden den schönsten und intensivsten Sex meines Lebens genossen. Ein Liebesspiel, das von einer Ausdauer und Zärtlichkeit geprägt war, wie ich es vorher noch nie erleben durfte. Unsere Körper schmiegten sich aneinander und wir waren minutenlang einfach nur miteinander und ineinander verschmolzen. Noch nie habe ich so viel Nähe und Geborgenheit gegenüber einer anderen Person zugelassen wie zu diesem jungen Mann.

Ja, zu einem Mann!

Ich schaue nach links, hinweg über meine Schulter, und da liegt er, bildhübsch, immer noch vollkommen nackt, mit seinem von unserem Treiben, feuchten, glänzenden Körper und seiner nun langsam erschlaffenden Männlichkeit, und lächelt mich an. Ich lächle einfach zurück. Immer noch bin ich leicht berauscht von dem eben Erlebten. Kim, so heißt der junge Mann, richtet sich leicht auf, stützt sich mit den Händen nach hinten auf die weiche Matratze ab und fragt in gebrochenem Deutsch: „Und, hast du es dir so vorgestellt?“ Mit einem Lächeln der Erleichterung schaue ich ihn an und erwidere: „Nein, es war noch viel schöner!“

Ich lasse mich auf das Bett zurückfallen, drehe mich zu ihm herum und kuschele mich ganz dicht an ihn. Unsere Arme umschlingen den Körper des jeweils anderen und unsere Zungen finden wieder wie von selbst den Weg zueinander. Er zieht uns die Decke über und so verharren wir eng umschlungen, bis der Morgen über dem Harz langsam erkennbar wird.

Ich könnte noch stundenlang liegen bleiben, wahr-scheinlich auch noch tagelang. Doch Kim löst sich aus unserer Kuschelposition und fragt mich: „Na, wollen wir beide noch schnell duschen gehen, bevor ich zurück nach Hause muss?“ Und natürlich will ich mit ihm duschen! Wir laufen, beide nackt, die paar Schritte bis zum Bad. Die kleine Duschkabine, eigentlich schon für eine Person zu klein, reicht dann doch für uns beide. Wieder übernimmt Kim die komplette Führung wie auch schon die ganzen letzten Stunden zuvor. Er steht mir gegenüber und seift mich ganz behutsam ein, dann nimmt er meine Hand und fängt an, sich damit seinen muskulösen Bauch einzuseifen. Schon erkundeten meine Hände erneut seinen jungen, zierlichen Körper. Allmählich weichen meine Angst und meine große Unsicherheit, die auch Kim die ganze Nacht gespürt haben muss.
Unter den leichten Strahlen des lauwarmen Wassers geben wir uns erneut einem erotischen Abenteuer hin. Dieser junge Mann ist so unendlich behutsam und zärtlich, dass ich kaum glauben mag, ihn gerade mal vor sechs Stunden über ein Internetportal für Schwule kennengelernt zu haben.
Ja, im Grunde habe ich die bisher sexuell schönste Nacht meines Lebens mit einem wildfremden, mir völlig unbekannten jungen Mann erlebt, den ich vor fünf Stunden aus einem Studentenwohnheim irgendwo im Harz abgeholt habe.
Und nun fahre ich ihn wieder heim. Ich bremse und lasse den Wagen langsam vor dem Wohnheim ausrollen. Ein letzter Kuss, eine letzte Berührung, ein letzter Blick. Dann steigt Kim aus, winkt mir noch einmal kurz zu und verschwindet im Inneren des Hauses.

Zurück in der Ferienwohnung schalte ich zuerst die monströse Kaffeemaschine ein. Ihre besten Zeiten hat sie augenscheinlich lange hinter sich. Während das Wasser gurgelt, betrachte ich mich gedankenverloren in dem mannshohen Spiegel gegenüber der kleinen Garderobe. Ist das wirklich noch der Hendrik, der er immer war? Bin das noch ich?
Warum habe ich mich überhaupt auf eine Nacht mit diesem jungen Mann aus Singapur eingelassen? Warum habe ich das nur gemacht? Zu Hause wartet meine Lebensgefährtin und ahnt noch nichts von meinen Gefühlen!

Warum? Wollte ich einfach nur wissen, ob mein Gefühl mich getäuscht hat – oder eben nicht? Ein Gefühl, das mir unbewusst schon immer zu verstehen gab: Du stehst auf Männer. Es scheint Recht behalten zu haben. Nach dieser Nacht weiß ich, dass ich mehr auf Männer stehe, als ich es mir bis zu diesem Zeitpunkt eingestehen wollte. Dieses Gefühl ist auf einmal so präsent! Kann ich es noch länger unterdrücken? Bin ich doch schwul? Will ich das alles?

Nachdem das Glucksen der Kaffeemaschine vorbei und das Wasser durchgelaufen ist, setze ich mich mit meiner Tasse Kaffee in der Hand auf die kleine, dunkle Holzbank ganz dicht am warmen Heizkörper, schaue auf den Schnee, den ich jetzt erst richtig wahrnehme, und fange an zu weinen! Woher kommen diese Emotionen? Glück, Traurigkeit, Angst vor dem was kommt? Ich habe keine Ahnung.
Die Tränen laufen mir einfach so und scheinbar unaufhörlich an den Wangen herab und tropfen leise auf den Tisch zu immer größer werdenden Pfützen, während im Hintergrund leise die Stimme von Andreas Bourani aus dem kleinen Radio auf der Anbauwand singt: „Mein Herz schlägt schneller als deins, sie schlagen nicht mehr wie eins…“
Ein Lied, das wie kein zweites auf die vergangenen letzten Monate meiner Beziehung mit Tanja zu passen scheint…

Aber vielleicht sollte ich meine Geschichte nicht mittendrin beginnen, sondern erst ein paar Stationen meines Lebens aufzeigen, bis zu dem Tag, an dem ich mich mit Kim verabredet habe. Denn Männer sind nicht erst seit vorgestern Teil meiner Gefühle!

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