Werner Henkel
Gedichte und Geschichten zum Vortragen ...
... leise Lesen, zum Nachdenken. Vielleicht auch zum Schmunzeln.
Taschenbuch Mai 2020
306 Seiten | ca. 14,8 x 21,0 cm
ISBN: 978-3-96014-698-8
Gedichte und Geschichten zum Vortragen ...
... leise Lesen, zum Nachdenken. Vielleicht auch zum Schmunzeln.
Taschenbuch Mai 2020
306 Seiten | ca. 14,8 x 21,0 cm
ISBN: 978-3-96014-698-8
Nach getaner Arbeit ist gut schreiben dachte ich mir. Gedanken, die sich im Verlauf von mehr als 50 Jahren angesammelt hatten, habe ich aufgeschrieben. Mittlerweile sind über 1200 Seiten mit Buchstaben gefüllt. Einige Seiten davon (geschrieben 2003 bis 2014) sind in diesem Buch veröffentlicht. Bei fast allen Gedichten und Geschichten liegt ein persönliches Ereignis zu Grunde. Oft hat mich beim Schreiben die Kindheit eingeholt. In diesem ersten Buch sind Geschichten und Gedichte aus den Erlebnissen meiner Kindheit, der Kriegs- und Nachkriegszeit, sowie Ereignisse aus der jüngsten Vergangenheit zu lesen. Oft geht es um die zwischenmenschlichen Beziehungen, um Träume, Wünsche, Sehnsüchte.
W. Henkel
W. Henkel
Wir schreiben das Jahr 1944. Der erste Schnee ist schon im November gefallen. Aber dann kamen noch mal ein paar Tage, an denen es wieder wärmer wurde und der Schnee wegtaute. Totensonntag. Klaus ging mit seiner Mutter und seiner Großmutter auf den Friedhof, um der Verstorbenen zu gedenken. Am Grab seiner Urgroßeltern blieben sie eine Weile stehen. Mutter und Großmutter falteten am Grab die Hände. Sicher ein stilles Gebet für die Verstobenen. Klaus verstand es damals noch nicht. Er war gerade mal fünf Jahre alt. Im kommenden Jahr wird er eingeschult. Auf dem Nachhauseweg erzählte ihm die Mutter, dass sie bisher immer am Sonntag vor dem ersten Advent zum Friedhof gelaufen sind. Klaus war in diesem Jahr das erste Mal mit. Und sie erzählte ihm auch, dass nach dem ersten Advent der Nikolaus kommt.
Er kannte das noch vom vergangenen Jahr, konnte sich aber nur noch daran erinnern, dass er sehr lange seine Schuhe sauber gemacht hat und sie am Abend vor dem Nikolaustag vor die Wohnungstür stellte. „Muss ich da wieder Schuhe putzen?“ wollte Klaus wissen. „Vielleicht kommt der Nicolaus diesmal, wenn du noch wach bist“, sagte die Mutter. Diese Worte gingen Klaus nicht mehr aus dem Kopf. Immer wieder fragte er: „Wie lange dauert es denn noch, bis der Nikolaus kommt? Warum kommt er denn nicht schon heute? Wie sieht denn der Nikolaus aus?“
Am Nachmittag des ersten Advents saßen Klaus, die Mutter und die Großmutter am Tisch. Mutter und Großmutter tranken eine Tasse Malzkaffee, Klaus eine Tasse Milch. Sicher ahnte die Mutter schon, dass jetzt wieder die Frage „Wie lange noch …“ kommen würde. Sie sagte, zu Klaus gewandt: „Drei Mal musst du noch schlafen und ich weiß genau, diesmal kommt der Nikolaus zu dir, wenn du noch wach bist. Vielleicht fragt er dich, ob du immer artig warst.“ Klaus wurde nun etwas unheimlich. Er wusste, dass die Mutter manchmal geschimpft hat, dass er nicht immer artig war. Sollte er dem Nikolaus die Wahrheit sagen?
Endlich war es soweit. Nikolaustag. Vor lauter Aufregung konnte Klaus nicht mehr schlafen. Er wollte auf keinen Fall den Nikolaus verpassen. Langsam wurde es hell. Klaus stand fast den ganzen Tag am Fenster. Er wollte doch sehen, wann der Nikolaus kommt. Der Tag verging. Draußen wurde es schon wieder dunkel. Nun konnte er nicht mehr sehen wann der Nikolaus kommt.
Plötzlich pochte es an der Wohnzimmertür. Einmal, zweimal, dreimal! Alle, Großmutter, Mutter und Klaus waren plötzlich still. Da öffnete sich die Tür und wie aus dem Nichts wurden ein paar Wallnüsse und auch ein paar Haselnüsse ins Zimmer geworfen. Die Tür ging wieder zu.
Unweit vom Haus, in dem Klaus wohnte standen Haselnusssträucher und den Wallnussbaum, unter dem Klaus im Herbst Nüsse aufgesammelt hat, konnte man vom Fenster aus auch sehen. - - - Aber den Nikolaus hat Klaus nicht gesehen.
Nikolaustag 1944. Es war Krieg!
(© heer: 03.12.2013)
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