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Karin Bottke
Begegnungen


Taschenbuch Oktober 2012
264 Seiten | ca. 14,8 x 21,0 cm
ISBN: 978-3-86468-259-9


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Egal was wir tun, egal wo wir sind - Begegnungen säumen unseren Weg. Wir begegnen Dingen, gewollt oder ungewollt, die uns ihre Geschichten erzählen. Wir begegnen der Natur in ihrer Fülle, in ihrer Schönheit und in ihrer Gewalt. Wir begegnen den Lebewesen im Wasser und auf dem Land - freuen uns oder fürchten uns, bewundern die Vielfalt der Arten. Und wir begegnen den Menschen. In Liebe und in Hass. Treue und Verrat. Wir schenken ihnen unser Vertrauen und, wir belügen sie zuweilen. Die zwischenmenschlichen Beziehungen, das soziale Verhalten; wir nehmen es hin oder lehnen es ab. Wir investieren Gefühle und Gefühle kommen zurück. Von diesem gelebten oder erdachten Sein erzählen die Gedichte und Geschichten in diesem Buch.
I love you (Joachim Pohl)

In unserem kleinen Familienunternehmen \\\"Gehmal & Holmal\\\" bin ich mit dem Beschaffungswesen betraut. In dieser das Unternehmen tragenden Funktion passiere ich mit wenigen Ausnahmen täglich eine namenlose, schmale, triste Gasse, mehr ein Verbindungsweg oder ein Durchgang, nämlich von der Johannesstraße zur Südstraße und Wilhelmstraße.
Der Gasse haftet auch etwas Freudloses an, denn in dem einen der sie überragenden Gebäude müssen viele Menschen liegen, weil sie krank sind, und in dem anderen müssen viele Menschen sitzen, weil sie arbeiten sollen.
Dennoch nehme ich diese Passage gern, dankbar jedes Mal für das Glück des Augenblicks, laufen zu dürfen.
Der einzig interessante Teil dieser Gasse ist eine hohe, rote Backsteinmauer, alt und ehrwürdig, mit schönem Zahngesims. Obwohl verwittert, brüchig und schiefstehend, versieht sie noch ihren Dienst, einen Hof hinter sich zu verbergen, ähnlich einem alten Menschen, der müde und gebeugt noch immer rechtschaffen um sein Tagwerk bemüht ist. Ich begegne dieser Mauer deshalb mit Respekt, mehr noch in respektvollem Abstand, weil ich täglich ihren Einsturz befürchte.
Der Gasse schönster Teil, beschränkt auf das Frühjahr allerdings, ist ein Forsythienstrauch, der sich mächtig langmachen muss, um aus dem kleinen Hinterhof über den Zaun schauen und ein wenig Mittagssonne erhaschen zu können. Aber er entzückt mich in jedem Frühjahr bereits mit seiner Blütenpracht, wenn seine Verwandten noch zögernd ihre winterschläfrigen Augen öffnen.
Es war ein sonniger, aber kalter Februartag, besagter Strauch ließ schon wieder seine grünen, spitzen Näschen sehen, als ich in dieser Gasse zwei Gartenstühlen begegnete. Sie waren von bescheidener Art, aber noch ganz brauchbar, und im letzten Sommer mochten sie noch die Wertschätzung genossen haben, sich nach getaner Gartenarbeit auf ihnen ausruhen zu können, bei einem Fläschchen Bier vielleicht oder einer Tasse Kaffee.
Und nun hatte man sie in diese Gasse geworfen, einfach weggeschmissen wie eine unnütze, lästige Sache. Der eine lag auf dem Rücken, der andere auf der Seite.
Lassen Sie mich hier einflechten, dass sich mir immer bei unpassender Gelegenheit das Motto aus meiner Pfadfinderzeit in den Weg stellt: Jeden Tag eine gute Tat. Wenn ich z. B. an diesem Morgen meiner Frau zuliebe frische Brötchen geholt hätte, würde ich mit dieser guten Tat dem moralischen Anspruch für diesen Tag genügt haben und hätte die beiden Stühle mit gutem Gewissen ignorieren dürfen. So einfach ist das, aber darauf war ich nicht gekommen. Und nun hatte ich den Salat, denn diese beiden entwurzelten Dinger in der Gasse ließen keinen Zweifel daran, dass sie eine gute Tat von mir erwarteten ...


Die leisen Töne (Gabriele Schossig)

„Tue es nicht“, mahnt der Verstand.
„Ich kann nicht anders“, flüstert das Herz.
„Er ist zu jung für dich“, ruft der Verstand.
„Ich bin glücklich mit ihm“, wispert das Herz.
„Sie werden dich auslachen“, droht der Verstand.
„Er bringt meine Seele zum Lächeln“, haucht das Herz.
„Du machst dein Leben kaputt“, brüllt der Verstand.
„Mein Leben beginnt soeben“, antwortet das Herz.
„Du wirst es bereuen“, schreit der Verstand.
„Nicht der Lauteste hat recht“, lächelt das Herz –
und wendet sich leise der Liebe zu ...


Zeichen – aber keine Wunder (Karin Bottke)

Es gibt Tage, an denen erinnert man sich wieder an einen Freund.
Ich hatte lange, sehr lange nicht mehr an Gerhard gedacht. Aber als vor drei Wochen meine Freundin Ingeborg einen Unfall hatte, und wir sie alle trösteten, weil ihr selbst nichts, nicht ein bisschen passiert war, fiel mir Gerhard ein. „Blech“, hatte er gleichmütig gesagt, „nur Blech.“
„Fahr vorsichtig“, sagte ich besorgt zu Ingeborg. „Mach nicht immer mehrere Sachen auf einmal. Schon gar nicht im Auto. Rauchen, telefonieren …“
„Mir war was runtergefallen“, lachte sie. „Man muss sich nur mit seinem Schutzengel gut stellen.“ Genau das hatte Gerhard seinerzeit auch gesagt.
Letzte Woche hatte Ingeborg den zweiten Unfall. Ein Sattelschlepper war so dich an ihr vorbeigefahren, dass seine großen Räder ihre Seite aufgeschrammt hatten. Sie sagte schnell und aufgeregt: „Ihr könnt euch nicht vorstellen, was das für ein Gefühl war! Und ich am Steuer, Lenkrad grade halten und durch!“
Damals bei seinem zweiten Unfall auf der Autobahn hatte Gerhard sich gebrüstet: „Nerven wie Stahlseile muss man haben! Dann gelingt einem alles!“ Gerhard war so. Trotzdem, wir hatten ihn alle gern.
Ingeborg erzählte immer noch von dem irren Feeling beim Kampf mit dem Giganten. Ich hörte mich sagen: „Ich hoffe, du passt auf dich auf! Fahre vor-sichtig, das Schicksal gibt dir selten zwei Mal einen Wink! Nimm die Warnung an!“ Sie grinste: „Meinst du, ich kann nicht fahren? Ich habe es dir schließlich bewiesen! Glück muss der Mensch haben.“
Das hatte Gerhard auch behauptet. „Mir passiert nichts! Ich beherrsche meinen Wagen!“ Dann hatte ihn wenige Tage später auf der überfüllten Autobahn fast an der gleichen Stelle ein Lastwagen auf das Stau-Ende geschoben. Nach zwei Warnungen - bis zur Unkenntlichkeit.
Es geschehen noch Zeichen!!! Warum hatte er ‚den Wink des Schicksals’ ignoriert? Warum hatte Ingeborg die Warnungen ignoriert, dachte ich verzweifelt.
Ich machte mir Vorwürfe. Ich hatte es befürchtet, gewusst. Hätte ich sie zurückhalten müssen? Wie denn? Indem ich ihr den Schlüssel wegnahm?
Hatte ich gehofft, es geschehen noch Wunder?

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