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Andreas Bobe
2000 Kilometer - Zu Fuss durch die Anden
Chile - Argentinien

Taschenbuch August 2011
264 Seiten | ca. 14,8 x 21,0 cm
ISBN: 978-3-943048-41-4


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Vier Monate war ich unterwegs.
Allein und zu Fuß, in den entlegenen
Bergen der Anden. Unzählige Momente,
in denen ich die Faszination, aber
auch die Macht einer fesselnden Natur
erfahren durfte, ließen mich die Zeit
vergessen. Zweitausend Kilometer lang
hatte ich nur ein Ziel: Nach Süden.
Über Gletscher und Schnee. Schwarze
Asche und blühende Wiesen. Durch
immergrünen Urwald und reißende
Flüsse. Vorbei an mächtigen Vulkanen
und azurblauen Seen. Auf und ab...
Im Wind des Lichts.
Während die ersten Sonnenstrahlen in mein Zelt drangen, war ich bereits dabei, meinen Kram zusammenzupacken. Blauer Himmel machte es mir leicht, den neuen Tag anzugehen und ich genoss, mit meinem warmen Kakao in den Händen, die wunderbare Morgenstimmung. Stille umgab mich und es fiel mir schwer, überhaupt irgendein Geräusch wahrzunehmen. Ein eigenartiges und vor allem ungewohntes Gefühl. Doch ich kann nicht sagen, dass es mir nicht taugte. Ganz im Gegenteil, es war etwas, woran ich mich echt gewöhnen konnte. Immer noch waren die Berge über 4000 Meter hoch und ich machte mich auf, zu meinem nächsten Pass. Es dauerte keine halbe Stunde und ich stand wieder im Schnee. Allerdings diesmal ohne Nebel, sondern einer fantastischen Aussicht, auf die fast winterlich wirkende Umgebung. Vorbei an riesigen Schneewehen, die einen Eindruck von dem rauen Wetter hinterließen, welches im Winter herrschte, überschritt ich fast unbemerkt den höchsten Punkt. Kurz bevor es wieder bergab ging, sah ich ein kleines Grab aus Steinen. Es machte mir irgendwie klar, wo ich mich befand und brachte mir die Worte Juan Carlos’ noch einmal nahe. Der Weg hinab war aber kein Problem, bis zu dem Zeitpunkt, als einer meiner Stöcke kaputt ging. Da benutzte ich die teuersten Trekkingstöcke überhaupt und dann lassen sie mich nach nicht mal einer Woche im Stich. Echt sauer war ich. Irgendwie konnte ich sie zwar notdürftig reparieren, doch mein Vertrauen in sie, war dahin. Umso vorsichtiger lief ich weiter, bis ich plötzlich vor dem gewaltigen Tal des Rio Colorado stand. 1500 Meter unter mir breitete es sich aus und ließ mich innehalten. Ein atemberaubender Anblick. Hunderte Meter hohe Felswände ragten auf der anderen Talseite in die Höhe und so wie es aussah, war dies auf meiner Seite ebenso der Fall. Von einem Pfad oder Ähnlichem war nichts zu sehen und so bin ich den vielleicht 1000 Meter hohen Hang vor mir einfach hinuntergerutscht, bis ich auf einem riesigen Plateau stand. Laut Karte waren es von ihm noch 400 Meter bis zum Fluss, und als ich an der Felskante nach unten blickte, fragte ich mich: „Wie soll ich da hinunterkommen?“ Nahezu senkrecht fiel das Gelände ab und nur eine Schuttrinne, bot mir vielleicht eine Chance. An einem kleinen Bach, welcher sich ein paar Meter entfernt die Felsen hinunterstürzte, baute ich mein Zelt auf und begab mich danach auf Erkundungstour. Vielleicht würde ich ja noch einen anderen Weg hinunter finden. Völlig unerwartet jedoch wurde ich zuerst von Pumaspuren im Sand überrascht und die waren bestimmt noch keine zwei Tage alt. Es muss laut Spuren ein Weibchen mit zwei Jungen gewesen sein, was mich nicht gerade ruhiger werden ließ. Ich hätte schon gern einen Puma gesehen während meiner Reise, doch in diesem Augenblick waren mir die Spuren erst mal genug. Trotz langem Suchen, fand ich keine Alternative, um zum Fluss runterzukommen und auch die Brücke, von der mir Juan Carlos erzählt hatte, konnte ich nicht entdecken. Vielleicht wurde sie ja vom Hochwasser fortgespült. Von oben sah der Fluss jedoch nicht so aus, als ob ich nicht irgendwie durchkommen würde und so entschloss ich mich, am Morgen zu versuchen, in das Tal runter zu kommen. Als ich mich an die Felskante setzte, dauerte es nicht lange und vor mir tauchten fünf Kondore auf. Auf Augenhöhe mit ihnen fühlte ich mich fast als einer von ihnen. Immer wieder kamen sie mir sehr nahe, als ob sie mir Hallo sagen wollten. Lautlos glitten sie durch die Luft. Nur wenn sie an mir vorbeiflogen, hörte man einen leisen Windhauch. Sie waren riesig und sie schienen über allem erhaben zu sein. Das Gefühl ist unbeschreiblich, welches ich in diesem Augenblick empfunden habe. Am liebsten wäre ich einfach abgehoben und mit ihnen durch die Lüfte geschwebt. Ich war so was von neidisch, aber auch total glücklich, diesen Moment erleben zu dürfen. Die Abendsonne hüllte alles in ein zauberhaftes Rot und ich hätte alles gegeben, um die Zeit anzuhalten. Mehr davon wollte ich; mehr von diesen Augenblicken, in denen man das Menschsein vergisst. In denen man einfach ein Teilchen des Ganzen, ein winziges Etwas mitten im Universum ist. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich etwas Schöneres erleben würde, als diesen Abend und so war ich schon fast traurig, als ich in meinen Schlafsack gekrochen und zusammen mit den Kondoren abgehoben bin.

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